Ursachen und Sinn

Auslösefaktoren von Depressionen

Als Auslösefaktoren eines depressiven Geschehens sind vor allem soziale Belastungssituationen (wie berufliche Schwierigkeiten), emotionale Mangelzustände (wie anhaltende unzufriedene Ehebeziehungen) und Verluste (vor allem von Partnern, Eltern und Kindern) hervorzuheben. Das gemeinsame dieser Auslösefaktoren scheint zu sein, dass sie einen Menschen an seiner verletzlichen Stelle treffen, so dass auslösendes Ereignis und persönliche Grundhaltung wie Schlüssel und Schloss zusammenpassen. Konsequenterweise sind Auslösefaktoren immer individuell zu bestimmen und können von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich sein.

So kann eine soziale Zurücksetzung den einem Menschen furchtbar schmerzen, während ein anderer, der weniger ehrgeizig ist, darauf gelassener reagieren kann. Manchmal sind die auslösenden Faktoren auch deshalb schwierig zu erkennen, weil sie für Aussenstehende trivial erscheinen. So kann Wohnungswechsel bei einer stark verwurzelten Persönlichkeit zu einem depressionsauslösenden Trauma werden, was weniger trennungsempfindliche Menschen unverständlich erscheint. Zudem wirken nicht selten verschiedene kleinere Verletzungen und Belastungen zusammen, so dass 'der letzte Tropfen' unerheblich scheint und selbst für die Betroffenen als Auslösefaktor kaum nachvollziehbar ist. Am schwierigsten sind aber vielleicht erfreuliche Ereignisse (wie berufliche Beförderungen) als Auslösefaktoren von Depressionen zu verstehen, obwohl auch sie unter bestimmten Umständen zur inneren Belastung und schliesslich zur Überforderung werden können.

Einflüsse durch andere Krankheiten
Neben solchen psychosozialen Belastungen, deren Bedeutung nur im Einzelfall zu bestimmen ist, können auch körperliche Erkrankungen oder deren eingreifende Behandlung (z.B. Cortisontherapie) Depressionen hervorrufen. Dabei können Körperkrankheiten bestimmte Hirnfunktionen wie die zentrale Exekutive oder die Stressregulation entweder direkt verändern oder auf indirektem Weg beeinflussen, z.B. über den Weg einer erschöpfenden Belastung. Beispiele für direkte Wirkungen sind Entzündungen, Infarkte oder Tumore des Gehirns. Beispiele für indirekte Wirkungen sind Schilddrüsen Unterfunktionen, chronische Schmerzerkrankungen oder andere konsumierende Körperkrankheiten. Auch Suchtkrankheiten haben häufig Depressionsfolgen. Schliesslich können Störungen des Tagesrythmus oder Lichtmangel zum Auftreten von Depressionen beitragen.

Dritte Einflussfaktoren
Neben Risiko- und Auslösefaktoren spielen weitere Einflüsse eine wesentliche Rolle für die Depressionsentwicklung. Diese dritten Einflussfaktoren werden im allgemeinen unterschätzt und auch in Fachbüchern kaum behandelt. Es handelt sich um Einflüsse, die eine einmal aufgetretene depressive Reaktion begleiten und dazu beitragen, dass eine einsetzende depressive Blockade verstärkt oder abgeschwächt wird. Wie 'Angst vor der Angst' eine Entwicklung der Angstkrankheit beeinflussen kann, spielt auch eine Art 'Depression über der Depression' in der Depressionsentwicklung eine Rolle.

So kann zum Beispiel die Wahrnehmung einer beginnenden depressiven Hemmung zu einer alarmierenden Gegenreaktion führen, die die zugrundeliegende Belastung verstärkt, oder sie kann eher mit einer entlastenden Intervention einhergehen. Es ist verständlich, dass vor allem Personen, die schon schwere Depressionen erlebt haben, sich innerlich heftig gegen erste Anzeichen einer erneuten depressiven Blockade aufbäumen. Umgekehrt kann ein Mensch, der bisher nur leichtere depressive Schwankungen erlebt hat, einer einsetzenden Depression gelassener gegenüberstehen.

Die Reaktionsweise auf erste Anzeichen einer Depression wird aber auch von inneren Einstellungen (z.B. von Selbstvertrauen oder Selbstkritik) und von äusseren Umständen (z.B. vom Verständnis der Umgebung und vom Aufgabenbereich) abhängen. Wer sich zum Beispiel bei Auftreten einer depressiven Blockade selber verantwortlich macht und sich stark in Frage stellt, oder wer aufgrund eines inneren grossen Verpflichtungsgefühles eine Sache nicht ruhen lassen kann, wird sich bei beginnender depressiver Blockade fordern und schliesslich überfordern. Dasselbe gilt natürlich auch für Personen, die sich aus äusseren Gründen keine Pause leisten können, etwa für eine Mutter mit kleinen Kindern ohne partnerschaftliche Unterstützung.

Aus der Website www.depression.unizh.ch, Klinische Forschung der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich, Sektor Ost und zentrale Spezialangebote


> Zurück zur Liste
> Text ausdrucken
> Nach oben